Radioaktiver Zerfall

Es gibt zwei prinzipielle Arten des radioaktiven Zerfalls, wobei drei Arten von radioaktiver Strahlung* auftreten (α, β, γ).

Ein instabiler Atomkern hat zwei wichtige Möglichkeiten, der Instabilität entgegenzuwirken. So können entweder Kernbauteile ausgeworfen werden, oder aber Bausteine im Innern umgewandelt werden. Wenn Kernbestandteile ausgesendet werden, dann kann das ein Proton, ein Neutron, oder aber ein ganzer Tochterkern sein. Am häufigsten wird ein Heliumkern aus zwei Protonen und zwei Neutronen ausgesendet (α-Zerfall), da dieses Fragment besonders stabil ist. Der Heliumkern ist zu Beginn doppelt positiv geladen (was rechts oben beim Elementsymbol angegeben werden kann):

alpha-Zerfall

Die α-Strahlung aus eben diesem Heliumkern wird übrigens schon von einem Stück Karton aufgehalten bzw. dringt nur wenige Zentimeter durch Luft. Werden α-strahlende Isotope allerdings über die Nahrung aufgenommen, so entfaltet sich ihre Gefährlichkeit im Körper praktisch ungehindert.

Beim β-Zerfall wird ein Kernbestandteil in einen anderen Bestandteil umgewandelt. Z.B. um von einem Neutron (neutral geladen) zu einem Proton (positiv geladen) zu gelangen, wird einfach ein schnelles Elektron ausgesendet (a). Dieses Elektron wird auch mit β- bezeichnet.

beta-Zerfall

Es gibt übrigens noch Prozesse, die ein wenig phantastischer anmuten (b): so kann ein Proton in ein Neutron überführt werden. Dabei entsteht ein Anti-Elektron (also Antimaterie), das mit β+ (oder Positron) bezeichnet wird. Für diese Umwandlung leiht sich der Kern unter Energieaufwand ein Elektron aus, wo keines existiert. Dieser Minusbetrag wird dann in Form von Antimaterie verbucht.

Die Rechnung wird anschliessend in der Umgebung wieder ausgeglichen, trifft β+ auf ein Elektron, so reagieren sie beide und löschen sich gegenseitig aus, es bleibt die Energie übrig, die in das β+-Teilchen gesteckt wurde. Die Situation ist noch ein wenig komplexer, da noch weitere Bausteine involviert sind.

Die Strahlung beim β-Zerfall aus Elektronen (oder Positronen) wird übrigens schon von einem Metallblech aufgehalten, bzw. dringt lediglich wenige Zentimeter in festes Material ein.

Die Vorgänge in Abhängigkeit von der Anzahl Neutronen (N) und Protonen (P) im Kern lassen sich folgendermassen graphisch zusammenfassen:

Radioaktiver Zerfall

Nun müssen wir wieder ein wenig ausholen, um eine weitere Art von Strahlung radioaktiver Elemente zu erklären: Elektromagnetische Strahlung, wie wir sie von Licht und Wärme her kennen, kann unterschiedliche Mengen an Energie transportieren. Ungefährliche Strahlung hat gerade soviel Energie, um z.B. Elektronen nur ein wenig in ihrer Umlaufsbahn anzuheben (als Erinnerung: die Masse eines Elektrons ist 2000mal kleiner als die Masse eines Neutrons oder Protons). Die Elektronen kreisen weiterhin um die Atome und führen irgendwann von selbst die zugeführte Energie in Form von weicher Strahlung wieder ab. Vergleichbar ist die Situation mit einem geworfenen Ziegelstein, der irgendwann wieder auf dem Boden auftrifft.

Ein Atomkern entspräche dann ungefähr 10000 solcher Ziegelsteine. Zerfällt ein Kern, so kann auf dem Tochterfragment derart viel Restenergie vorhanden sein, dass hierbei deutlich härtere Strahlung ausgesendet wird, die auch durch Wände dringen kann. Als hochenergetisches Äquivalent zum einfachen Licht transportiert diese γ-Strahlung tatsächlich etwa 10000mal mehr Energie.

Elektromagnetische Strahlung

Wenn ein besonders schwerer Kern zerfällt, dann können zuerst einmal zwei mittelschwere Spaltprodukte entstehen, die anschliessend weiter zerfallen. Dieser Prozess wird Kernspaltung oder auch Fission genannt. Besonders interessant ist die Situation bei der Kernspaltung von U-235: hier spaltet sich Uran-235 bei Aufnahme eines Neutrons (also tatsächlich Uran-236) in zwei Spaltprodukte begleitet von 2 - 3 Neutronen. Erst diese Spaltprodukte geben dann Strahlung in Prozessen ab, die oben beschrieben sind. Exemplarisch soll die Spaltung in Xenon-137 und Strontium-96 dargestellt werden:

Kernspaltung

Weitere mögliche Produkte der Kernspaltung von Uran-235, wie z.B. Iod-131, Strontium-90 und Cäsium-137 werden im Abschnitt über die gefährlichen Isotope beschrieben.

Neben harter Strahlung entsteht in diesem Prozess auch Wärme, die dann zur Stromproduktion genutzt wird. Die Steuerung der Kernspaltung ist eng mit der Kontrolle der Neutronen verknüpft. Zum einen kann nicht jedes neu entstehende Neutron einen neuen Spaltprozess anstossen, zum andern lassen sich die Neutronen auch abfangen, um die Kernspaltung prinzipiell beherrschbar zu machen. Ein „Neutronenfänger“, der im Ernstfall genutzt wird, um den Prozess vollständig zu stoppen, ist übrigens Bor, das bei Einfangen eines Neutrons von Bor-10 zu Bor-11 umgewandelt wird. Sowohl Bor-10, als auch Bor-11 sind stabil.

Nach Erläuterung aller wichtigen nuklearen Prozesse, kann die Isotopenkarte um eine Legende erweitert werden:

Isotopenkarte

> Biologische Wirkung

 


*Der Umgangssprachliche Begriff "radioaktive Strahlung" ist nicht korrekt, weil die Strahlung an sich nicht radioaktiv ist, sondern lediglich von radioaktiven Elementen ausgestrahlt wird. Eine korrekte Bezeichnung wäre z.B. "ionisierende Strahlung", was Bezug auf die Wirkung der Strahlung nimmt, oder auch "Strahlung radioaktiver Elemente".